Vom 21. bis 23. November 2025 trafen sich Vertreterinnen und Vertreter aus Kirche, Handwerk und Wissenschaft in Osnabrück zur Bundestagung der Arbeitsgemeinschaft Handwerk und Kirche. Unter dem Leitmotiv „Handwerk und Künstliche Intelligenz – Chancen und Herausforderungen“ widmete sich die Tagung den aktuellen Fragen an der Schnittstelle zwischen technologischer Innovation und ethischer Verantwortung.
Der Begriff der „Zuversicht“ stand angesichts vielfältiger Herausforderungen, die Handwerk, Gesellschaft und auch Kirche treffen, am Beginn der Tagung.
„Können schafft Zuversicht – im Handwerk besonders. Denn da sieht man, was man geschaffen hat. Die Erfahrung von Selbstwirksamkeit macht zuversichtlich“, betonte Regionalbischof Friederich Selter in seiner Begrüßung.
„Zuversicht schaffen“, griff auch Sven Ruschhaupt, Hauptgeschäftsführer der vor 125 Jahren gegründeten Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim, für das Handwerk auf. Im Bereich der Ausbildung etwa liege der Kammerbezirk mit 6,5 Tausend Auszubildenden bundesweit an der Spitze.
"Das unangenehme Gefühl gegenüber KI nehmen“
Für einen entspannten Blick im Sinne von "neugierig, zuversichtlich, informiert" konnte Professor Dr. Joachim Hertzberg, bis 2024 Professor für Informatik an der Universität Osnabrück, in seinem Impuls zu KI sorgen.Was ist KI? Stimmt alles, was über „sie“ erzählt wird? Wo und wie nutzen wir KI bereits selbstverständlich? „Ich will Ihnen gern das unangenehme Gefühl gegenüber KI nehmen“, versprach Professor Hertzberg und führte unterhaltsam durch die Historie und Funktionsweise der KI.
Was ist eigentlich „künstliche“ Intelligenz im Vergleich zu „Intelligenz“?
In der anschließenden Debatte ging es auch um die Begrifflichkeit. Er sei, wie viele seiner Kollegen, über den Namen „künstliche Intelligenz“ sehr unglücklich, so Hertzberg. Im Deutschen sei der Begriff Intelligenz bezogen auf den Menschen. Im Amerikanischen hingegen stehe „intelligence“ für Lageerkundung durch optimale Datenauswertung, wie er am Beispiel der CIA (Central Intelligence Agency) verdeutlichte. Die KI sei zwar im Umgang mit enormen Datenmengen dem Menschen weit überlegen. Der Mensch hingegen mit seiner biologischen Kognition, die auf Erfahrungen basiere, sei besser darin, unter Situationen mit unvollständigen Daten die richtigen Entscheidungen – quasi als Bauchgefühl - zu treffen.
Werkzeug oder Selbstzweck
KI sei ein Werkzeug, kein Selbstzweck und KI-Systeme dienten der Unterstützung menschlichen Handelns, seien aber kein „statt dessen“, betonte Professor Hertzberg. „Seien Sie entspannt.“ Wesentliche Tätigkeiten im Handwerk bedürften nach wie vor menschlicher Intelligenz (biologische Kognition).
In welcher Weise KI im Handwerk bereits konkret zum Einsatz kommt, etwa in Malerfachbetrieben oder bei der Mengenplanung im Bäckerhandwerk, wurde in den folgenden Workshops sowie am Samstag vor Ort präsentiert.
Tagungsorte mit Stadt- und Industriegeschichtlichen Bezügen
Die verschiedenen Tagungsorte hatte Regionalbischof Friedrich Selter, theologischer Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Handwerk und Kirche, bewusst ausgewählt. Start der Tagung war im InnovationsCentrumOsnabrück (ICO), einem Coworking-Space auf dem ehemaligen Kasernengelände der britischen Armee, heute Wissenschaftspark. Der Blick durch die Fensterfront reichte hinüber zum Piesberg, an dem bis 1898 hochwertige Steinkohle abgebaut wurde. Heute ist der Piesberg zugleich Naherholungsgebiet und Steinbruch. Der zu Schotter und Kies verarbeitete Hartstein des Piesbergs findet sich im Wasser-, Straßen- und Schienenbau.
Der erste Abend klang aus in der Lagerhalle, einem der ersten soziokulturellen Zentren der Bundesrepublik, das in den 70er Jahren in die Räume einer ehemaligen Eisenwarengesellschaft eingezogen war.
Tagungsort für Samstag schließlich war das Coppenrath Innovation Center (CIC). In den ehemaligen Ringlokschuppen mit seiner zukunftsweisenden Architektur sind seit 2024 insgesamt 18 Forschungseinrichtungen und Unternehmen eingezogen, die sich mit Transformation und Künstlicher Intelligenz (KI) befassen. Das CIC fördert den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Gründerszene, Industrie und Handwerk. In unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof entsteht rund um das CIC ein völlig neues Stadtquartier in Osnabrück. Dass es aufgrund der Lage allein 2025 zu neun Bombenentschärfungen aus dem 2. Weltkrieg gekommen ist, rückt die Geschichte der Stadt einmal mehr in den Blick.
Der Wochenschlussgottesdienst in St. Marien, Bürgerkirche und Predigtstätte des Regionalbischofs, bildete zugleich geistlichen Tagesabschluss. Friedrich Selter gestaltete diese Andacht mit Teilnehmenden aus der Runde inklusive einer kleinen Band.
Die Arbeitsgemeinschaft Handwerk und Kirche (AHK) gibt es seit 1952. Sie ist als Basisbewegung von Handwerkern und der Männerarbeit im Rahmen des Stuttgarter Kirchentages entstanden, um die Anliegen des Handwerks innerhalb der Kirche zu vertreten und um wirtschafts- und sozialethische Themen auf christlicher Grundlage zu bearbeiten.
(Text und Fotos: Brigitte Neuhaus, Sprengel Osnabrück)