Frauen und Männer gehen im Schweigen, in einer langen Kette hintereinander. In ruhigen, langsamen Schritten ziehen sie am Samstagvormittag durch die Einkaufsmeile von Osnabrück. Sie reden kein Wort, aber trotzdem haben sie etwas zu sagen. Jeweils tragen sie auf der Brust ein Plakat. Da steht: Was ich wirklich brauche. Auf dem zweiten Plakat, das jeder auf dem Rücken trägt, teilen sie in zwei oder drei Begriffen individuell mit, was ihnen wichtig ist: Gerechtigkeit, intakte Natur, Toleranz, Frieden, Klimaschutz, Gemeinsinn, Achtsamkeit, Tierwohl, Demokratie und vieles mehr. In einer „Stillen Demonstration“ ziehen 30 Menschen am 1. Juni ab 11 Uhr knapp zwei Stunden lang vom Neumarkt durch die Große Straße zum Marktplatz, vorbei an Rathaus und Marienkirche, wo gerade die Menschen vom Friedensgebet aus der Kirche nach draußen kommen. Die lächeln und freuen sich, was und wen sie da sehen.
Die Stille Demonstration wurde gemeinsam organisiert von der Kapelle der Stille, dem Netzwerk und Projekt für Meditation und Spiritualität im Kirchenkreis Osnabrück, und dem Forum für Integrale Spiritualität und Lebensgestaltung (Forum-fis e.V.). Zu diesem Verein gehören Frauen und Männer, die achtsam leben und östliche und westliche Wege der Spiritualität verbinden wollen.
Vier Frauen haben bei der Stillen Demonstration Handzettel zur Information dabei und begleiten den Zug. Sie sprechen Passanten an und erklären auf Nachfrage, worauf die Schweigenden aufmerksam machen wollen. Die Resonanz auf die Stille Demonstration, so berichten sie später, sei zum großen Teil sehr positiv gewesen. Manche Passant*innen sagten: „Danke, dass Ihr das macht!“ Besonders eindrucksvoll sei das Schweigen, das stille, ruhige Gehen gewesen, so schildern sie.
Bei der Stillen Demonstration traten Menschen, die einen geistlichen Weg der Achtsamkeit und Stille gehen, in Osnabrück zum ersten Mal im öffentlichen Straßenraum auf. Sie zeigten ihre Haltung zu lebenswichtigen ethischen und auch religiösen Fragen und setzten damit ein Zeichen in der Stadt. Auf dem Handzettel, der an interessierte Passanten gegeben wurde, zitieren sie Mahatma Gandhi: „Die Erde hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier.“
Sie wollten in der Einkaufsmeile zum Nachdenken anregen: Was ich wirklich brauche als Mensch, gibt es oft nicht zu kaufen. Verbundenheit mit Mensch und Natur, Freundschaft und Wohlwollen, Gerechtigkeit und Frieden, Mut und Lebensfreude gibt es nicht für Geld. Sie kann es geben, wenn ich darauf achte, was ich wirklich brauche. Das kann mir mehr Zeit und Zusammengehörigkeit, Freiheit, Frieden und Gelassenheit schenken.